OLG Hamm: Coachingvergütung außerhalb Fernabsatzrecht
von Marcus Woggesin – 23. Oktober 2025Die Welt des Coachings boomt, doch die rechtlichen Rahmenbedingungen sind nicht immer eindeutig. Ein bedeutendes Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm bringt hier mehr Klarheit und sorgt für Erleichterung bei vielen selbstständigen Coaches. Das Gericht entschied, dass das Fernabsatzgesetz, welches heute im Wesentlichen in den §§ 312b ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zu finden ist, auf die Vergütung von Coaching-Dienstleistungen nicht anzuwenden ist. Dieser scheinbar trockene rechtliche Punkt hat immense praktische Bedeutung für die Vertragsgestaltung und die finanziellen Planungen sowohl der Coaches als auch ihrer Klienten.
Hintergrund der Entscheidung ist die Frage, ob ein Coaching per Videokonferenz als eine sogenannte Fernabsatzdienstleistung zu qualifizieren ist. Das Fernabsatzrecht sieht für Verbraucher ein weitreichendes Widerrufsrecht vor, das es ihnen erlauben würde, auch nach bereits erbrachten Coaching-Sitzungen von dem Vertrag zurückzutreten und bereits gezahlte Beträge zurückzufordern. Für Coaches wäre dies ein kaum kalkulierbares wirtschaftliches Risiko, da die wertvolle und oft sehr persönliche Arbeit im Nachhinein quasi „rückabgewickelt“ werden könnte. Das OLG Hamm verneinte dies und stellte klar, dass Coaching-Dienstleistungen, auch wenn sie online erbracht werden, hochgradig persönlichkeitsbezogen und individuell sind. Sie sind damit von ihrer Natur her vergleichbar mit Freizeitdienstleistungen, die eine konkrete Buchung für einen bestimmten Zeitpunkt erfordern. Genau für solche Dienstleistungen, bei denen die vertragliche Vereinbarung zur Erbringung zu einer ganz bestimmten Zeit im Vordergrund steht, sieht der Gesetzgeber Ausnahmen vom Widerrufsrecht vor.
Die Konsequenz dieser Rechtsauffassung ist entscheidend: Coaches, die ihre Leistungen online anbieten, müssen ihren Kunden kein vierzehntägiges Widerrufsrecht nach Fernabsatzregeln einräumen. Dies schafft endlich rechtssichere Verhältnisse. Ein Coach kann seine Vergütung somit nach erbrachter Leistung verlangen, ohne befürchten zu müssen, dass der Klient diese nachträglich unter Berufung auf sein Widerrufsrecht zurückfordert. Dies stärkt die Planungssicherheit und schützt die wirtschaftlichen Interessen der Dienstleister. Für Klienten ändert sich dadurch im Grunde nichts Negatives; sie buchen schließlich genau diese individuelle und zeitgebundene Beratung. Die Entscheidung des OLG Hamm trägt somit der besonderen Natur des Coachings Rechnung und schafft einen fairen rechtlichen Rahmen, der die Spezifika dieser wachsenden und wichtigen Beratungsbranche angemessen berücksichtigt.